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Sechs ikonische Fotomotive: Kyoto für Einheimische

Vergiss die Menschenmassen und Klischees – hier erfährst du, wie du die Stadt mit neuen Augen fotografieren kannst, von versteckten Schreinen über leuchtende Laternen bis hin zu Sonnenuntergängen am Flussufer

Sechs ikonische Fotomotive: Kyoto für Einheimische
Sechs ikonische Fotomotive: Kyoto für Einheimische

Kyoto ist eines der malerischsten Reiseziele Japans und ein Traum für jeden Fotografen – und das aus gutem Grund. In einer Stadt voller Tempel und traditioneller historischer Gassen scheinen die Fotomotive schier unerschöpflich.

So schön Kyoto auch ist, es wird immer schwieriger, die Bilder zu schießen, die man unbedingt haben will, ohne mitten in der Nacht aufzustehen und mit anderen Fotografen, Touristen und Influencern für das eine typische Fotomotiv anzustehen, das man eh schon hundert Mal gesehen hat.

Aber es gibt gute Nachrichten: Der Fotograf Sam Hodenius, der fünf Jahre in Japan gelebt hat, hat ein paar hilfreiche Tipps zusammengestellt, damit du die typischen Kyoto-Aufnahmen machen kannst, ohne auf deinen kostbaren Schlaf verzichten zu müssen. Hodenius' besondere Liebe für die versteckten Ecken des Landes bedeutet, dass sie bestens weiß, wie man die stille Magie abseits der üblichen Touristenpfade einfangen kann.

Hier sind sechs Ideen, wie du Kyoto auf eine frische, persönliche und vielleicht sogar ganz neue Art und Weise fotografieren kannst.

Foto: Sam Hodenius

1. Die Stadt der Tausend Torii-Tore

Fushimi Inari ist der berühmteste Schrein von Kyoto, doch es gibt viele ähnliche und weniger überlaufene Orte, die genauso fotogen sind.

Einer meiner persönlichen Favoriten ist der Kifune-Schrein in den Bergen von Kibune – ein idealer Halbtagesausflug, wenn man in Kyoto übernachtet. Die Lage des Dorfes am Flussufer, die traditionelle Architektur und die nahe gelegenen Wanderwege bieten jede Menge Motive für Postkartenfotos.

Da Kibune an Wochenenden bei Einheimischen sehr beliebt ist, solltest du an einem Wochentag kommen und schon um 7 Uhr morgens da sein, um die Stufen zum Schrein zu fotografieren.

Ich fotografiere mit einer kleineren Blende, zum Beispiel f/4, um den Blick des Betrachters auf das rote Torii zu lenken, während ich Details im Vordergrund, wie die weißen Shide-Papierfahnen, mit einbeziehe, um die Aufnahme in ihrem kulturellen Kontext zu verankern. Die roten Tore fallen vielleicht zuerst ins Auge, aber es sind die subtilen Details, die diesen Ort so einzigartig japanisch machen.

Foto: Sam Hodenius

2. Folge den Einheimischen

Ich genieße die Stadt und ihre ruhige Atmosphäre gerne am Kamo-Fluss. Abends sitzen hier viele Einheimische am Flussufer und picknicken, spielen Musik oder beobachten den Sonnenuntergang hinter den traditionellen Gebäuden.

Um den Sonnenuntergang optimal fotografieren zu können, verlasse am besten die Innenstadt von Kyoto, überquere eine der Brücken und suche dir einen Platz auf der Seite des Higashiyama. Spiel ein wenig mit deiner Blende, wenn du die Sonnenstrahlen einfangen möchtest.Eine niedrigere Blende wie f/1,4–f/2,8 gibt dir ein weiches Leuchten, während eine größere Blende ab f/16 einen sehr deutlichen Sonnenstrahl erzeugt – wie auf dem Bild oben. Dank des Flusses dazwischen kannst du hier auch bei großem Andrang sehr ästhetische Fotos machen, was an vielen anderen Orten bei Sonnenuntergang oft nicht möglich ist.

Foto: Sam Hodenius

3. Arashiyama ohne Menschenmengen

Arashiyama ist bei Fotografen und Touristen gleichermaßen beliebt, aber da das gesamte Gebiet in einem Bambuswald liegt, musst du den Menschenmassen nicht zu einem beliebten Hotspot folgen.

Für einen ruhigeren Ort innerhalb einer wunderschönen Tempelanlage nimmst du am besten den Bus vom Bahnhof Arashiyama nach Adashino Nenbutsuji. Der Wald ist kleiner, aber optisch interessanter, da er sich bergauf schlängelt – und du musst nicht so früh aufstehen.

Gegen Mittag schafft das diffuse Gegenlicht durch den Bambus eine magische Atmosphäre, die sich von der Dunkelheit des frühen Morgens unterscheidet. Außerdem ist es oft ruhiger, da viele Leute Mittagessen sind. Ich habe hier eine kleinere Blende verwendet, um die Details in der Ferne zu erhalten.

Foto: Sam Hodenius

4. Kyoto nach Einbruch der Dunkelheit

Kyoto ist nicht unbedingt für seine Nachtansichten bekannt, aber ich finde, das sollte es sein! Der Kontrast zwischen traditionellen Gassen und sorgfältig gestalteten Leuchtreklamen ist etwas, das ich immer gerne fotografiere. Wenn du durch das Viertel Gion spazierst, wirst du bestimmt charmante Ecken zum Entdecken finden.

Nachtaufnahmen können schwierig sein. Die richtigen Einstellungen sind entscheidend, wie eine größere Blende und eine ausreichende Verschlusszeit. Wichtiger als die technischen Aspekte ist jedoch, dass du lernst, Lichtquellen zu deinem Vorteil zu nutzen. Es gibt immer Licht in der Dunkelheit, sei es Straßenlaternen, Ladenbeleuchtungen oder sogar das Mondlicht – sei kreativ in der Art und Weise, wie du es einsetzt.

Foto: Sam Hodenius

5. Spiele mit dem Fokus

In Kyoto gibt es so viel zu sehen, dass es schwer ist, sich zu entscheiden, worauf man den Fokus legen soll. Ich spiele gerne mit verschiedenen Kompositionen, je nachdem, welche Geschichte ich mit meinen Bildern erzählen möchte. Manchmal bedeutet das, dass ich meiner Umgebung mehr Aufmerksamkeit schenke, als mir selbst.

Der Yasaka-Schrein ist einer meiner Lieblingsorte in Kyoto – es wäre schade gewesen, seine wunderschönen Laternen im Hintergrund verschwinden zu lassen.Durch die Verlagerung des Fokus wurde die Komposition viel interessanter. Während der Yasaka-Schrein tagsüber sehr überfüllt sein kann, verpassen viele Besucher und Besucherinnen seine magische Atmosphäre bei Nacht. Wenn du nach 21 Uhr kommst, kannst du die majestätischen Laternen ohne allzu viele Menschen fotografieren.

Foto: Sam Hodenius

6. Der Teufel steckt im Detail

Ich verstehe, dass du Kyoto als Ganzes einfangen möchtest – aber manchmal ist es am besten, einfach näher heranzuzoomen. Sei es eine Nahaufnahme der leuchtenden Kirschblüten im Frühling oder die rituellen Wasserbecken vor Tempeln. Ich benutze gerne ein 24-70-mm-Zoomobjektiv, um bei meinen Streifzügen durch die Stadt flexibel zu sein. Eine größere Blendenöffnung sorgt für eine geringe Schärfentiefe, wodurch das fallende Wasser eingefangen wird und mit dem Bild verschmilzt.

Im Sommer schmücken bunte Hortensien die Wasserbecken, die Besucher zum Reinigen von Mund und Händen vor dem Betreten heiliger Bereiche nutzen. Die Blumen verleihen der Atmosphäre eine frische Note, besonders während der feuchten Regenzeit. Einer meiner Lieblingsorte in Kyoto während der Hortensienzeit ist der Yanagidani-Kannon-Tempel, der vor allem bei Einheimischen für seine atemberaubenden Hortensien bekannt ist.